Bei meinen täglichen Gängen durch die Potsdamer Innenstadt schaue ich fast immer in die Gesichter der Menschen, an denen ich vorbeigehe. Das ist fast schon so eine Art Berufskrankheit. In aller Regel beobachte ich dabei angestrengte, müde oder verstimmte Menschen, die gehetzt Ihrem Tagwerk nachgehen. Häufig im Kampf gegen die eigenen Ansprüche, fast immer im Kampf gegen die Uhr. Ein Lächeln sehe ich, insbesondere bei Erwachsenen, eher selten. Und wenn ich dann mein Gegenüber anlächle – sei es aus sportlichem Ehrgeiz oder aus Freude darüber, den Alltag ein wenig zu adeln – stelle ich immer wieder fest, dass mein eigenes Lächeln fast augenblicklich erwidert wird. Lächeln ist eben ansteckend. Ja, man müsste sagen: hochinfektiös! Der Grund dafür ist, dass unser Gehirn positive Emotionen besonders stark widerspiegelt. Dieses Phänomen hat Sophie Scott, Professorin für Kognitive Neurowissenschaften vom University College in London, im Jahr 2006 wissenschaftlich untersucht. Dazu spielte sie in ihrer Studie den Testpersonen verschiedene menschliche Laute vor: Gelächter, Jubel, aber auch angstmachende und irritierende Geräusche. Währenddessen erfasste sie per Hirnscan, was sich im Gehirn der Probanden abspielte. Und dabei beobachtete sie, dass die Emotionen unterschiedliche Resonanz erzeugen. Besonders stark reagierte das Gehirn bei positiven Gefühlen.
Es mag interessant sein, die wissenschaftliche Dimension des Phänomens zu verstehen, glückbringender ist es aber vermutlich, die Wirkung im Alltag zu spüren: Lächeln Sie doch mal! Einfach so. Oder probieren Sie einen einzigen Tag lang die Sonne zu sein in einer Welt, in der die Menschen nicht müde werden, die Tristesse des Alltags zu beklagen. Ein Lächeln erhellt den Tag. Es ist hochansteckend und verbreitet sich in Windeseile. Stellen Sie sich vor, Sie wären der berühmte Patient Null einer Pandemie der Freude: Ausgehend von Ihnen zieht ein Lächeln durch die Stadt, bereichert jeden, den es berührt und findet vielleicht am Abend auf dem Gesicht eines Ihnen verbundenen Menschen zurück zu seinem Ursprung. Ist das nicht ein schöner Gedanke?